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Gussone, Monika: Adel und Pfarrei im Rheinland in Spätmittelalter und Früher Neuzeit

Gussone, Monika: Adel und Pfarrei im Rheinland in Spätmittelalter und Früher Neuzeit

Gegenstand des Dissertationsprojekts ist die Beziehung des landsässigen rheinischen, insbesondere des nordrheinischen Niederadels zu den Kirchen in seinen Herrschaftsbereichen. Adelsfamilien übten auf unterschiedliche Weise Einfluss in Pfarreien aus, wobei sich den Inhabern des ius patronatus besonders weitreichende Möglichkeiten boten, denen neben anderen Vorrechten die Präsentation des Pfarrers, eines Vikars oder Altaristen an einer Pfarrkirche, einer Kapelle oder einem Altar zustanden, die Mitspracherecht bei strukturellen Veränderungen hatten sowie in Notsituationen einen Anspruch auf Unterstützung aus dem Kirchenvermögen besaßen. Doch waren die Inhaber des Patronatsrechts zugleich verpflichtet, unter anderem an der Pfarrverwaltung mitzuwirken und meist für die Instandhaltung eines Teils des Kirchengebäudes zu sorgen.

Am Beispiel ausgewählter Familien soll der Zeitraum vom späten Mittelalter bis zum Ende der Frühen Neuzeit behandelt werden, da der Niederadel quellenmäßig zuvor kaum fassbar ist und seine Stellung innerhalb der Pfarrei bis zum Ende des Ancien régime kaum Veränderungen erfuhr.

Verschiedene Bereiche adliger Aktivität in Bezug auf die Pfarrei sollen dabei Beachtung finden: Erstens soll untersucht werden, welchen Gebrauch der rheinische Adel von seinen Möglichkeiten machte, Einfluss auf die Pfarrkirchen und den Klerus seiner Herrschaftsbereiche zu nehmen, ihn auszuweiten und in welchem Umfang er in die Pfarrorganisation eingriff. Damit verbunden ist die Frage, wie Patronatsrechte erworben wurden, ab wann diese fassbar sind, welche Rechte und Pflichten im einzelnen damit verbunden waren, ob Veränderungen im Lauf der Zeit erkennbar sind, und ob der Adel versuchte, sich den Pflichten eines Patronatsherrn zu entziehen, sodann, welche Bedeutung die Pfarreien hatten, über die der Niederadel Patronatsrechte besaß, und wie erfolgreich er in Konkurrenz zu landesherrlichen Besetzungsrechten trat – schließlich, wie häufig der Adel sein Kollationsrecht zur Ausstattung von Klerikern der eigenen, verwandter oder befreundeter Familien nutzte, und ob er die Pfarrgeistlichen regelmäßig in die Verwaltung des eigenen Besitzes einbezog.

Zweitens soll im Hinblick auf die Kirchengebäude versucht werden festzustellen, in welchem Maß der Raum den adligen Familien für Selbstdarstellung und Repräsentation zur Verfügung stand, wie weitgehend sie ihn nach eigenen Vorstellungen gestalten und mit Wappen oder anderen Herrschaftszeichen ausstatten konnten, wie und in welchem Umfang die Kirche für die Familienmemoria genutzt wurde, ob durch Grablege, Grabmäler, Totenschilde, Epitaphien oder Messstiftungen und Armenspenden am Todestag, und schließlich, ob und wann Einspruch gegen adliges Mobiliar, wie Kirchengestühl, erhoben wurde. Daneben ist zu beachten, ob das Kirchengebäude insgesamt in die Gestaltung der Schlossumgebung als Teil der Herrschaftsinszenierung einbezogen wurde und ob seine Nähe zum Schloss die Finanzierung eines Neubaus, die Renovierung oder Verschönerung der Außenfassade günstig beeinflusst haben könnte.

Ein dritter Punkt ist die Konkurrenz unter Adligen um den Vorrang innerhalb der Pfarrei und des Kirchengebäudes. Von Interesse ist, wie sich Vorrangstellung im Raum abbilden ließ und inwiefern sich der Besitz des Patronatsrechts dabei als vorteilhaft erwies. Im Fall von konkurrierenden Ansprüchen auf Patronatsrechte sind die Möglichkeiten der Einigung und im Fall von Kompatronaten deren Zustandekommen festzustellen sowie die konkrete Regelung der gemeinsamen Ausübung.

Da, viertens, nicht nur der Adel von der Pfarrei, sondern auch umgekehrt die Pfarrei vom Interesse der Adelsfamilie(n) vor Ort und ihrer Stiftungstätigkeit stark profitieren konnte, soll auch untersucht werden, ob eine friedliche Zusammenarbeit innerhalb der Pfarrei zwischen Adel, Klerus und Gemeinde vorherrschte oder ob Konflikte überwogen, außerdem, in welchem Umfang und mit welchen Mitteln Pfarrklerus und Gemeinde versuchen konnten, adligen Einfluss zu beschränken.

Fünftens schließlich soll verfolgt werden, wie sich Adel und Pfarreien einigten, wenn die Rechte und Einkünfte letzterer durch adlige Klostergründungen oder die Erhebung adliger Burg- oder Schlosskapellen zu Pfarrkirchen beschnitten wurden.

 

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