Eßer, Florian: Konzilsform(en) und Schismatologie beim Konzil von Pisa 1408/1409
Eßer, Florian: Konzilsform(en) und Schismatologie beim Konzil von Pisa 1408/1409
Das Dissertationsprojekt widmet sich dem Pisaner Konzil von 1409, das, von Kardinälen einberufen und ohne päpstliche Bestätigung tagend, erstmals Mitglieder aus beiden Obödienzen in einer Versammlung zusammenführte, um gemeinsam das seit mehr als 30 Jahren währende Große Abendländische Schisma zu beseitigen. Der Lösungsansatz richtete sich nunmehr auf Basis einer veränderten Schismatologie gegen die beiden konkurrierenden Päpste, die das Konzil schließlich als Schismatiker und Häretiker absetzte. Die Versammlung war zwar gut besucht und fand relativ breite Unterstützung, konnte jedoch nicht alle weltlichen Mächte Europas gewinnen, sodass der sodann erhobene Alexander V. faktisch nurmehr der dritte Konkurrent um das Papstamt wurde.
Im Mittelpunkt der Arbeit steht der Begriff der Konzilsform(en). Er geht davon aus, dass das concilium generale während des Schismas nicht primär als konstitutionelle Alternative, sondern als strategische Option eine Rolle spielte. Dabei musste es jeweils entsprechend ausgeformt werden, sodass innerhalb der via concilii zahlreiche Konzilsformen miteinander konkurrierten – je nach Zweckbestimmung, Absicht und Funktionalität. Diese Entwürfe verdankten ihre Existenz nicht zuletzt pragmatisch-politischen Erwägungen, sodass sie zumeist theoretische und praktische Überlegungen kombinierten – ein Aspekt, den Begrifflichkeiten wie ‚konziliare Theorie‘ oder ‚Konziliarismus‘ potentiell überdecken.
Auch die Pisaner Konzilsform war entsprechend erst zu finden, zu entwerfen und auszubil-den, wobei 1408/1409 besondere Herausforderungen bestanden. Erst über ihre Form konstituierte sich die Versammlung aber als ein allgemeines Konzil, und zugleich entschied ihre Form über Ergebnis, Machbarkeit und Akzeptanz der Synode. Dazu war sie in Auseinandersetzung mit konkurrierenden Formen zu verteidigen und zu legitimieren. In diesem Sinne handelt es sich beim Pisaner Konzil um einen spezifischen Lösungsversuch des großen Abendländischen Schismas, dessen konkrete Form sich aus den Anforderungen des Schismas, der Situation und Interessen der beteiligten Akteure und nicht zuletzt legitimatorischen Erwägungen ergab. Eine Analyse der Pisaner Konzilsform in ihrer Ausbildung und Planung, ihren verschiedenen Dimensionen von Zeremoniell, Liturgie, Teilnehmerkreis, dem Vorgehen sowie der Entscheidungsfindung und -inszenierung, ihrer Umsetzung und der mit ihr verbundenen Debatten verspricht daher neue Einblicke für die Konziliengeschichte wie für das Große Schisma insgesamt.
Spätmittelalter, Schisma, Konzilien, Konziliarismus, Liturgie
Moyen Âge tardif, schisme, concile, Conciliarisme, liturgie