Blumenroth, Isabel: Die Wahrnehmung des alexandrinischen Schismas (1159-1177) im anglonormannischen Reich. Die Briefe des Arnulf von Lisieux und Johannes von Salisbury
Blumenroth, Isabel: Die Wahrnehmung des alexandrinischen Schismas (1159-1177) im anglonormannischen Reich. Die Briefe des Arnulf von Lisieux und Johannes von Salisbury
Ziel der Dissertation ist die umfassende Erforschung der zeitgenössischen Wahrnehmung des alexandrinischen Schismas (1159 – 1176) in den Briefkorpora des Arnulf von Lisieux (c. 1109 - 1182) und Johannes von Salisbury (c. 1115/20 - 1180).
Herausgearbeitet werden die universellen, in den Briefquellen erkennbaren, spezifisch anglonormannischen Züge der Schisma-Reflexion und die individuellen, tagespolitisch orientierten Positionen ihrer Verfasser. Durch eine Zusammenschau der darin enthaltenen Wahrnehmungs- und Darstellungsmuster der politischen Ereignisse und involvierten Parteien mit jenen der hofnahen (weltklerikalen) und hoffernen (monastischen) Historiographie der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts wird neben den individuellen, tagespolitisch orientierten Positionen beider Verfasser Charakteristika und Genese einer universellen, spezifisch anglonormannischen Schisma-Reflexion herausgearbeitet.
Die Zusammenführung der epistolaren Selbstzeugnisse zweier Verfasser, die, dem gleichen klerikalen Milieu entstammend und durch ähnliche Nähe an den Ereignissen ausgezeichnet, doch in Herkunft, sozio-kulturellem Hintergrund, Lebensphilosophie und geographischem Wirkungsort äußerst verschieden sind, gewährleistet eine breitestmögliche Schau der anglonormannischen Wahrnehmung auf das Schisma. Thematische Schwerpunkte sind dabei nicht nur die Deutung der päpstlichen Doppelwahl und die Sicht der Kontrahenten, sondern auch die Rolle des römisch-deutschen Kaisers und des englischen Königs Heinrich II. Plantagenêt sowie die Auswirkungen des die englische Geschichtswissenschaft lange dominierenden Becketkonflikts auf das Erleben des Schismas in England. Indem die in der Korrespondenz erkennbaren Darstellungs- und Wahrnehmungsmuster in die kirchenpolitisch-philosophischen Vorstellungen und den lebensweltlichen Bezugsrahmen der Briefurheber eingeordnet werden, werden differenzierte Schlüsse auf Haltung und Überzeugungen zweier bedeutender anglonormannischer Agenten im alexandrinischen Schisma ermöglicht.
Da Briefe seit dem Investiturstreit in steigendem Maße eines der essentiellsten Kommunikations-, Propaganda- und Netzwerkmittel darstellten, garantiert die gewählte Quellengattung zudem einen direkten Zugang zur damaligen Sicht und Deutung tagesaktueller Ereignisse.
In Auseinandersetzung und wesentlicher Erweiterung der älteren, teils quantitativ und qualitativ unzureichenden Forschung in den entsprechenden Themenfeldern stehen Fragen nach der charakteristischen inhaltlichen Reflexion der Kirchenspaltung sowie der ihr zugrundeliegenden politisch-polemischen und sprachlich-literarischen Darstellungstraditionen sowie die kirchenpolitischen Überzeugungen der Verfasser im Vordergrund der Untersuchung.
Mit der Fokussierung einer typischen anglonormannischen Betrachtungs- und Herangehensweise an die kirchenpolitische Ausnahmesituation des alexandrinischen Schismas durch die Synthese historiographischer Überlieferung und zwei bedeutender epistolographischer Quellenkorpora schließt die Arbeit damit nicht nur eine Lücke innerhalb der Forschungen zur Wahrnehmungsgeschichte des alexandrinischen Schismas im zwölften Jahrhundert, sondern auch zum kirchenpolitischen Gedankengut zweier bedeutender, diesbezüglich jedoch erstaunlich wenig gewürdigter Vertreter der anglonormannischen Bildungselite dieser Zeit.
Hochmittelalter, Schisma, England, Wahrnehmung, Plantagenêts
Moyen Âge central, schisme, Angleterre, perception, Plantagenêts